Dienstag, 06. Dezember 2022

Die Onlineplattform open2chat feierte den 1. Geburtstag

Anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar ist die Online-Chat-Plattform www.open2chat.at von Jugendlichen für Jugendliche. Das innovative Projekt ist seit 1. Dezember 2021 online und war seitdem bereits für über 330 Jugendliche in Niederösterreich und Wien eine erste Anlaufstelle bei Problemen, Sorgen und Nöten.

Lockdown, Distance Learning, Einsamkeit – die 2020 ausgebrochene Corona-Pandemie hat vor allem auch bei Jugendlichen deutliche Spuren hinterlassen. Depressive Symptome haben sich bei Kindern und Jugendlichen im zeitlichen Verlauf der letzten zwei Jahre sogar verfünffacht, Angstsymptome und Schlafstörungen verdreifacht. * Hinzukommen aber auch noch Themen wie Identitätssuche, Angst vor Mobbing oder Gruppendruck – Dinge, über die es sich leichter mit Gleichaltrigen als mit Erwachsenen sprechen lässt.

Genau das ermöglicht die niederschwellige Onlineplattform open2chat.at nun bereits seit einem Jahr. Das wissenschaftlich begleitete Projekt bringt betroffene Jugendliche ab 14 Jahren per Chat in Kontakt mit geschulten Personen aus ihrer Altersgruppe, um sich über Probleme auszutauschen. Bereits über 330 Jugendliche – davon in etwa 70% weiblich -  konnten im letzten Jahr von den bisher 25 ausgebildeten Peers begleitet werden.

„Weil die eigenen Freunde und Familie oft nicht die richtigen Ansprechpartner*innen bei Problemen sind, haben die Caritas der Diözese St. Pölten und Erzdiözese Wien gemeinsam mit der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften Krems (KL Krems), der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich, der Ludwig Boltzmann Gesellschaft und dem Gesundheitsministerium die Onlineplattform open2chat initiiert und im letzten Jahr damit vielen Jugendlichen geholfen. In bisher knapp 200 Chats ging es um Themen wie die erste Liebe, sexuelle Identität, Mobbing und soziale Ängste. Manche Chatverläufe sind kurz, etwa 25% sind über mehr als 3 Monate aktiv oder laufen sogar seit Beginn des Projektes. Das macht uns deutlich, dass auch der Bedarf nach längeren Begleitprozessen gegeben und notwendig ist“, fasst Caritasdirektor Hannes Ziselsberger das erfolgreiche einjährige Bestehen des Beratungsangebotes zusammen.

„Das Tolle an diesem innovativen Unterstützungsangebot ist, dass es nicht nur FÜR junge Menschen, sondern auch gemeinsam MIT jungen Menschen entwickelt wurde. open2chat.at ist somit besonders gut auf die Bedürfnisse von Jugendlichen zugeschnitten, erklärt Sabine Steinböck, Leiterin der Caritas Familienberatung & Psychotherapie. „Die Chat App bietet Jugendlichen ab 14 Jahren einen geschützten, erwachsenen freien Raum, wo sie mit anderen Jugendlichen (den ausgebildeten Peerbegleiter_innen) offen über Ihre Sorgen und Ängste reden können. Im Hintergrund stehen den Peerbegleiter_innen die Beratungsprofis der Caritas Familienberatung unterstützend zur Seite“, so Steinböck.

 


 

Entwickelt und wissenschaftlich begleitet wurde das open2chat-Konzept von einer Wissenschafter_innengruppe der Karl Landsteiner Privatuniversität (KL) und der Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG). „Die wissenschaftliche Begleitung ist ein essentielles Qualitätskriterium dieses Angebots. Zum einen wurde die Plattform als Open Science Projekt mit Jugendlichen für Jugendliche entwickelt, zum anderen wird durch die stetige Forschung die Weiterentwicklung und Qualitätssicherung langfristig gesichert. Dadurch hebt sich dieses Projekt unter anderen Aspekten deutlich von anderen Angeboten ab“, ergänzt Markus Böckle, Leiter der wissenschaftlichen Begleitung des open2chat-Projekts und Mitarbeiter der Karl Landsteiner Privatuniversität.  

Susanne Schmalwieser, Projektmitarbeiterin der Karl Landsteiner Privatuniversität ist seit 2019 im Forschungsteam hinter open2chat und nunmehr eine der Lehrenden an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich: „Ich habe den gesamten Entwicklungsprozess miterlebt. Meine Aufgaben reichen von der Projektorganisation, der Kommunikation mit Jugendlichen bis hin zur eigentlichen Forschung, die notwendig war und ist, um open2chat zu entwickeln und laufend zu verbessern. Trotz der Pandemie ist es uns dabei gelungen, über 30 Jugendliche und junge Erwachsene mit verschiedensten Hintergründen in den Entwicklungsprozess einzubinden. Im Kontext der Pandemie und der steigenden emotionalen Belastung junger Menschen durch globale Krisen wurde für mich in unserer Forschung zur Entwicklung und Evaluation des Chat-Tools sowie in Gesprächen mit angehenden Peer-Begleiter_innen immer wieder deutlich, wie dringend ein breiteres Angebot an kostenlosen und niederschwelligen Unterstützungsangeboten gebraucht wird. Daher bin ich überzeugt, dass open2chat nicht nur ein sinnvolles, sondern ein grundlegend notwendiges Angebot ist und sich in den kommenden Jahren in Bezug auf seine Anzahl der Nutzer*innen und Funktionsweisen noch stark weiterentwickeln wird.“, sagt Schmalwieser abschließend.

Informationen zur Chatplattform und Ausbildung zum/r Peerbegleiter_in unter www.open2chat.at

*Gesundheitsbefragung (2019) I Pieh et al. (2020) Löwe et al. (2008) I Probst et al. (2020) Wittchen et al. (2011) I Dale et al. (2021)